Pensionskassengeld für die Firma
Selbständige dürfen ihr Pensionskassengeld nicht nur als Starthilfe, sondern auch für den Ausbau des Geschäfts beziehen. Das hat das Bundesgericht kürzlich entschieden.
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K-Geld 05/2008
18.10.2008
Letzte Aktualisierung:
21.10.2008
Fredy Hämmerli
Ein Bauer pachtete zusammen mit einem Kollegen einen Landwirtschaftsbetrieb. Als der Kollege einen eigenen Betrieb kaufte, musste ihn der Bauer für seine bisherigen Investitionen auszahlen. Gleichzeitig brauchte er Geld, um die veraltete Futteranlage zu ersetzen.
Der Bauer hatte sich freiwillig einer Pensionskasse angeschlossen. Doch als er dort anklopfte und um Auszahlung seines Alterskapitals bat, blitzte er ab. Das Bundesgericht hat ihm die Auszahlung nun aber gewährt ...
Ein Bauer pachtete zusammen mit einem Kollegen einen Landwirtschaftsbetrieb. Als der Kollege einen eigenen Betrieb kaufte, musste ihn der Bauer für seine bisherigen Investitionen auszahlen. Gleichzeitig brauchte er Geld, um die veraltete Futteranlage zu ersetzen.
Der Bauer hatte sich freiwillig einer Pensionskasse angeschlossen. Doch als er dort anklopfte und um Auszahlung seines Alterskapitals bat, blitzte er ab. Das Bundesgericht hat ihm die Auszahlung nun aber gewährt – trotz des klaren Wortlauts des Gesetzes, das eine solche Barauszahlung bei den freiwillig versicherten Selbständigen verbietet: «Die von den Selbständigerwerbenden geleisteten Beiträge und Einlagen in die Vorsorgeeinrichtung müssen dauernd der beruflichen Vorsorge dienen.»
Im Klartext: Was einmal einbezahlt wurde, darf – wie auch bei Angestellten üblich – normalerweise erst wieder als Alterskapital oder Altersrente bezogen werden.
Doch nun hat das Bundesgericht diesen Grundsatz präzisiert: Die Investitionen dienten der Erhaltung des Betriebs und damit auch der Existenzsicherung im Sinne der beruflichen Vorsorge. «Soweit daher Mittel zu diesem Zweck aus der Vorsorgeeinrichtung bezogen werden, ist dies zulässig», befanden die Bundesrichter.*
Beim Urteil stützten sich die Richter auf die parlamentarische Beratung. Bei der Formulierung des Pensionskassengesetzes wurde die Möglichkeit für Selbständigerwerbende immer wieder angesprochen, fand aber keinen Eingang in den Wortlaut des Gesetzes.
Unternehmer, Ärzte, Berater, Rechtsanwälte und sonstige Freiberufler dürfen sich also freuen: «Sie dürfen ihr Alterskapital allenfalls für das Wohl des eigenen Betriebs einsetzen», meint Steuerexperte Edoardo Esposito von der Jürg M. Lattmann AG in Zug.
Kein Barbezug für Rettung einer maroden Firma
Der Pensionskassenspezialist Hans-Ulrich Stauffer nennt ein konkretes Beispiel: «Ein Barbezug ist jetzt möglich, wenn ein Unternehmer Aktienkapital braucht, um seine bestehende Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln.» Aber: Geht es einem Betrieb schlecht, bietet das Verdikt keine Handhabe, seine Pensionskasse zu plündern, um den Untergang der Firma abzuwenden.
*Urteil B 134/06 vom 12.3.2008
Vorbezug für Selbständige: So kommen Sie zu Startkapital
2. Säule (Pensionskasse)
Wenn sich Angestellte selbständig machen, haben sie innerhalb eines Jahres das Recht, sich ihre Vorsorgegelder aus der 2. Säule zum Aufbau ihrer Firma auszahlen zu lassen. Spätere Bezüge sind nur noch im Rahmen von Investitionsvorhaben möglich (siehe oben). Für Gelder, die auf einem Freizügigkeitskonto liegen, gelten die gleichen Regeln.
Ebenfalls zulässig ist der Vorbezug zur Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum. Über diesen Umweg können Hausbesitzer oder Stockwerkeigentümer ebenfalls Vorsorgemittel flüssig machen: Zuerst lassen sie sich Geld zur Tilgung von Hypotheken auszahlen. In einem zweiten Schritt kann nun die Hypothek wieder erhöht werden – und dieses Geld kann für betriebliche Bedürfnisse eingesetzt werden. Hypothekarkredite sind normalerweise günstiger als Betriebskredite, selbst wenn diese hypothekarisch abgesichert sind.
3. Säule
Kapital aus der gebundenen Vorsorge der Säule 3a ist in der Regel bis fünf Jahre vor der ordentlichen Pensionierung gesperrt. Aber auch dieses Geld kann für den Aufbau der Firma eingesetzt werden. Auch hier gilt die Einschränkung, dass der Bezug nur innerhalb des ersten Jahres möglich ist.
Das Gleiche gilt auch dann, wenn eine Person, die bereits selbständigerwerbend ist, das Metier wechselt, wenn also zum Beispiel ein Coiffeur Beizer wird.